Die Daten und Geschehnisse zu diesem Bericht hat der am 26.4.1972 im Alter von 86 Jahren verstorbene ehemalige Lehrer und spätere Schulleiter und Rektor in Fahrland bei Potsdam in der Zeit vom 10.2.1966 bis zum 20.5.1966 in Briefform niedergelegt und dem Verfasser zugesandt. Friedrich Petrelli war 38 Jahre lang Lehrer und Schulleiter in Bukowine, dem späteren Buchenhain, und von 1945 bis 1958 Rektor und Schulleiter in Fahrland bei Potsdam. Am 1.4.1958 hat er sein 50jähriges Dienstjubiläum feiern können. Petrelli schrieb damals: "Dieser Brief hat 3 Monate zu seiner Vollendung gebraucht; ich überlegte oft hin und her, ob ich weiter schreibe, ob ich die Zeilen überhaupt abschicke. . . " Da nun die Erlebnisse nicht in zeitlicher Reihenfolge aufgezeichnet waren, wie es in Briefform oft geschieht, ist eine zeitliche Einordnung vom Verfasser vorgenommen worden.
Petrelli war seiner Zeit als aufrechter SPD-Anhänger weit und breit bekannt. Er machte auch aus seiner Einstellung nie ein Hehl. So kam es, daß er von den eigenen Kollegen, die er vor der "Machtergreifung" wegen ihrer Zugehörigkeit zur SA im Jahre 1931 bei der Spruchkammer der Regierung in Breslau herauspaukte, einen schlechten Dank erhielt. Man zeigte Petrelli nunmehr bei Schulrat und der neuen Naziregierung an, wobei die Gründe der Anzeigen heute besonders für die jüngere Generation recht eigenartig erscheinen müssen: Hitlergruß unterlassen, bei Versammlung nicht mitgesungen, Fahne nicht gegrüßt, die älteste Tochter habe bei unpassender Gelegenheit gelacht, kein Hitlerbild in der Wohnung, über Horst Wessel abfällig gesprochen, usw. Als sich die Repressalien verstärkten, half der damalige Schulrat Jakob. Der Denunziant wurde versetzt und Petrelli blieb im Amt. Am 30. Januar 1933 fand in Bukowine ein Fackelzug statt. Petrelli berichtet darüber: "Am Morgen des 30.1. warnte mich mein Nachbar, Tischlermeister Glawion, ich solle ja an dem Fackelzug des Dorfes teilnehmen, denn man wolle mich aus der Wohnung holen. Daraufhin war ich mit den Schulkindern am Sammelplatz beim Bad und marschierte mit wehem Herzen mit. Als ich von Königswille (soweit ging der Marsch) wieder in meiner Wohnung landete, erzählte mir meine Frau folgendes: Gegen 8 Uhr abends, der Fackelzug war am Schulhause, auf dem Weg nach Königswille, vorbei, da standen plötzlich sechs bis acht SA-Männer in der Wohnstube (das Haus war offen) und verlangten nach mir. Meine Frau entgegnete: - 'Mein Mann marschiert im Fackelzug!' - Das hatte man wohl nicht erwartet; man tuschelte untereinander und da trat einer vor und meinte ganz höflich: 'Frau Lehrer, vom langen Marsch (Neumittelwalde, Ossen, Charlottenfeld) haben wir Hunger und Durst, könnten wir nicht etwas zu essen bekommen?' Meine Frau holte im Gasthaus Finkel Wurst und Bier und man aß und trank und alle waren sehr manierlich und jeder bedankte sich mit Handdruck. Die SA-Männer waren vielleicht kommandiert und der unerwartete andere Ausgang war ihnen vielleicht ganz lieb."Impressum / Rolf's Email / Rolf's Homepage / Kreis Groß Wartenberg / Buch Inhalt