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Geschichte der freien Standesherrschaft, der Stadt und des landräthlichen Kreises Groß Wartenberg |
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Religionsverhältnisse
Im allgemeinen
Der Umstand, daß im XII.
Jahrhundert der Erzbischof von Gnesen sowohl als auch der Bischof von
Breslau über Besitzungen in hiesiger Gegend verfügten (vergl. Teil 1
Seite 8) berechtigt zu dem Schlusse, daß die Kirche in jener Zeit hier
schon festen Fuß gefaßt hatte; doch läßt sich über die damaligen
kirchlichen Verhältnisse und namentlich über den Bestand von Kirchen
etwas Sicheres nicht sagen.
Am Anfange des XIII. Jahrhunderts geschah
in der Breslauer Diözese die Einrichtung der Pfarr- und
Archipresbyteratsbezirke. Parochieen waren wohl vorher schon vorhanden,
doch nicht in festbestimmter Begrenzung. Der dem Pfarrsprengel
vorgesetzte Geistliche, welchem vom Bischof die cura plebis übertragen
war, führte davon die Bezeichnung plebanus. Für unsere Gegend finden wir
diese Bezeichnung zuerst in der Aussetzungsurkunde über Schleise vom 1. »
Juni 1260. Als sich bald Kirchen, Kapellen und Altäre mehrten und
zugleich die Zahl der zu ihrer Bedienung notwendigen Hilfspriester,
Kappelläne und Altaristen zunahm, erhielt der Pfarrer oder Pleban, unter
dessen Leitung sie standen, die Bezeichnung Rector ecclesiae, wie wir
dieselbe für den ersten uns bekannt gewordenen Pfarrer von Wartenberg in
der unterm 10. August 1287 zu Ratibor ausgestellten Urkunde des Bischofs
Thomas finden. (Urkunden zur Geschichte des Bistums Breslau im
Mittelalter, herausgegeben von G. A. Stenzel. Breslau 1845, S. 246 bis
250.)
Sämtliche Pfarreien eines bestimmten Distrikts wieder unterstanden
mit allen ihren Geistlichen der Aufsicht eines Erzpriesters -
Archipresbyters - und bildeten einen erzpriesterlichen Sprengel oder ein
Archipresbyterat. Seinen Namen erhielt der erzpriesterliche Sprengel
zumeist von dem Hauptorte, der gewöhnlich auch der Sitz des Erzpriesters
(sedes archipresbyteri) war, dessen Kirche wieder als die vornehmste
galt und deshalb auch den Titel eines bevorzugten Heiligen führte. Das
Archipresbyterat Wartenberg umfaßte ursprünglich außer dem Districtus
Wartenbergensis, aus welchem die Standesherrschaft Wartenberg gebildet
wurde,wohl auch den Kirchenhalt Tscheschen, also das ganze Gebiet des
gegenwärtigen
Groß Wartenberger Kreises und überdies noch Schildberg im ehemaligen
Großpolen, welch letzteres seit den ältesten Zeiten mit den später
gebildeten Dekanaten Schildberg und Opatow bzw. Kempen bis zum Erlaß der
Circumscriptionsbulle Pius VII. vom 16. Juli 1821 zur Breslauer Diözese
gehörte. Das Amt des Erzpriesters war, was es heut noch ist, ein
Ehrenamt. Der Erzpriester wird vom Bischof ernannt und ist durch
besondere Amtstracht von der übrigen Archipresbyteratsgeistlichkeit -
sofern sich unter ihr nicht Dignitäre befinden unterschieden. Ehemals
war ihm der Archidiakon, jetzt ist ihm der Fürstbischöfliche
Kommissarius vorgesetzt. Eine eigentliche Jurisdiktion stand und steht
weder dem einen noch dem andern zu; Pflichten und Befugnisse beider sind
durch den Bischof festgelegt. Seit 1718 istjedem Erzpriester ein von der
Archipresbyteratsgeistlichkeit aus deren Mitte "per majora vota"
erwählter, vom Bischof bestätigter Pfarrer mit der Amtsbezeichnung
Actuarius circuli als Assistent beigegeben. Das Groß Wartenberger
Archipresbyterat gehörte zum Breslauer Archidiakonat. Der Sitz des
Erzpriesters war Wartenberg und der Stadtpfarrer Erzpriester. Die von
dem Kardinal Johann zu St. Markus, Bischof von Sabina, unterm 14. Januar
1376 zu Avignon über den Jurisdiktionsstreit des schlesischen Klerus mit
dem Minoritenorden in Schlesien ausgestellte Urkunde nennt uns die
Pfarreien des Wartenberger Archipresbyterats, soweit nämlich ihre Pfarrer an
dem gedachten Rechtsstreite beteiligt waren. Es sind folgende: 1.
Wartenberg, 2. Tschermin, 3. Medzibor (Neumittelwalde), 4. Schildberg,
5. Mangschütz, 6. Trembatschau, 7. Goschütz, 8. Groß Cosel, 9. Domsel,
10. Schönwald, 11. Distelwitz, 12. Schollendorf, 13. Oberstradam, 14.
Schleise. Außer diesen 14 Parochien bestanden zu jener Zeit in der Sedes
Wartenbergensis als urkundlich erwiesen noch: Suschen, Schlaupe, Bralin,
Langendorf, Türkwitz; wahrscheinlich auch schon Dalbersdorf, Neudorf,
Niederstradam, Rudelsdorf, Steine und Tscheschen, die allerdings erst
im 15. bzw. 16. Jahrhundert urkundlich in Erscheinung treten. Als die
Bistums-Kommissariate errichtet wurden, ist das Archipresbyterat
Wartenberg dem Kommissariat Trachenberg zugeteilt worden. (1844)
Zum
Unterhalt der Kirchen diente der Dezem. Auch der Bischof nahm den
zehnten Teil des Ackerertrages für das Bistum und im Anfange des 12.
Jahrhunderts den sogenannten Neubruchzehnten, d.h. den Zehnten von den
erst urbar gemachten äckern in Anspruch. Der eingeborne Adel hatte das
Recht, den Zehnten seiner selbst bebauten äcker einer beliebigen Kirche,
gewöhnlich derjenigen, zu welcher er sich hielt, zuzuwenden. Diese
Freiheit begünstigte die Errichtung neuer Kirchen. Auch der Bischof gab
sehr oft den Zehnten neu errichteten Kirchen, bis es durch
Synodalbeschluß von 1309 den Pfarrern verboten wurde, freie Zehnte aus
andern Pfarrbezirken anzunehmen.
Der Herzog bzw. die Grundherren waren
die Schutzherren oder Patrone der Kirchen. Als solche zogen sie oft den
Zehnten für sich ein, hatten dafür aber für den Unterhalt der Kirchen
und ihrer Diener zu sorgen. Die Zehntabführung wurde immer als schwere
Last betrachtet und häufig verweigert, was zu den heftigsten
Streitigkeiten führte, weshalb die Kirche die Verweigerung mit harten
Strafen - Bann und Interdikt - bedrohte und belegte. Bei Aussetzung
eines Ortes zu deutschem Recht erhielt derselbe gewöhnlich auch, wenn er
sie nicht schon besaß, eine eigene Kirche, die alsbald mit einer Widmut
begabt wurde, welche meist in zwei freien Hufen bestand. Bei dieser
Gelegenheit erfuhren oft die Zehntverhältnisse eine Neuordnung.
Die
Gotteshäuser waren ursprünglich wohl alle von Holz erbaut. Um dieselben
herum lag der Kirchhof. Die Kirchenpatrone und Geistlichen, auch
angesehene Parochianen (in der Stadt namentlich die Ratspersonen) wurden
in der Kirche begraben. Der Gottesacker war, wie die Kirche, geweiht und
mußte überall vorschriftsmäßig von einem Zaune oder einer Mauer
eingeschlossen sein. Wie die Kirche im Hinblicke auf ihren göttlichen
Beruf den Zweck ihrer Stiftung nie aus den Augen verlor und es sich zur
Aufgabe stellte, den Geist des Menschen vom Irdischen zum überirdischen
zu erheben und, ihn seiner Bestimmung entgegenführend, sein Herz zu
veredeln, so nahm sie auch die Sorge für die Erziehung und den
Unterricht der Jugend in ihre mütterliche Hand. Aus der Kirche ist als
"Tochter" die Schule hervorgegangen. Die erste Schule der Breslauer
Diözese war die Dornschule. Bald entstanden auch Schulen an den
Klöstern, später an den bedeutenderen Pfarrkirchen, schließlich gab es
bei jeder Pfarrkirche eine Schule, die Pfarrschule. Die Metropoliten des
Breslauer Bistums, die Erzbischöfe Fulko und Jakob II. von Gnesen
verlangten durch eigene Mandate 1237 bezw. 1313 energisch die Errichtung
solcher Schulen. Daß letztere den Forderungen, die man heutzutage an
eine solche Anstalt stellt, nicht entsprochen haben werden, benimmt
ihnen nichts von ihrem Werte und entbindet uns keineswegs von der
Pflicht, der Vergangenheit gerecht zu werden und das Andenken unserer
Altvordern dankbar zu segnen. Anfänglich waren wohl überall die
Geistlichen zugleich auch die Lehrer, bis späterhin besondere
"Schulmeister" angestellt wurden. Im "Seelenführer", einem im Jahre 1498
bei Peter Schöffer in
Mainz erschienenen und weit verbreiteten Unterrichts- und Erbauungsbuch,
heißt es Seite 17: "Die Schulmeister sullent all das tun, was die Vätter
der Lehre (die Geistlichen) nicht all tun kunnen... Man sol die
Lerer der Jugent hochachten als die Oberkeit, wann sie haut swere Arbeit und
Muhe, so sie die Kinder in christenlicher Zucht und Ordnung halten und
nären wollen."
Die christliche Liebe gegen Arme, Verlassene und Leidende
bewährte sich schon sehr früh durch Stiftung und Begabung verschiedener
Wohltätigkeitseinrichtungen. Fürsten, Geistliche, Korporationen,
Gemeinden und Private wetteiferten darin. Hospitäler,
Armenbrüderschaften u.a. milde Stiftungen gab es schon im 12. und 13.
Jahrhundert.
Bis zum Ende des 15. Jahrhunderts herrschte tiefster,
religiöser Friede. Wenn auch sonst in Schlesien die Ausübung der
gottesdienstlichen Handlungen im Anfang des 15. Jahrhunderts durch die
wilden Hussiten gestört wurde, so hat doch Hussens Lehre keinen Eingang
gefunden,jedenfalls wegen der furchtbaren Greuel, welche die Hussiten in
Schlesien, auch in unserer nächsten Nähe verübten. Der hussitische
Sturmwind hatte sich gelegt und soweit der christliche Name sich
erstreckte, herrschte bald wieder Frieden und Ruhe, so daß man auch
auf jene Zeit das Wort der Apostelgeschichte anwenden könnte: "Die Menge
der Gläubigen war ein Herz und eine Seele," denn wie die damalige
christliche Welt nur einen Gott erkannte und anbetete, so war sie auch
einer Religion und eines Glaubens. Doch diese Windstille war nur der
Verbote eines künftigen, ungestümen Wetters.
Im Jahre 1517 trat der
Augustinermönch und Professor an der Universität Wittenberg D. Martin
Luther auf und führte unter der Begünstigung derZeitumstände und mit
Hilfe vieler deutscher Fürsten und Städte die große Glaubensspaltung
herbei, welche auf kirchlichem Gebiete auch in der Standesherrschaft
Wartenberg eine völlige Umwälzung zuwege brachte.
über die Einführung
der kirchlichen Neuerung in unserer Gegend war bis jetzt so gut wie
garnichts bekannt. Kurts schreitet darüber in seinen "Denkwürdigkeiten"
gar zu leichten Fußes hinweg, wenn er Seite 43 schreibt: "Die Einführung
der Reformation mit der sie begleitenden Bewegung und den dabei
vorgekommenen Ereignissen ist uns nicht überliefert worden. Bei der
Schnelligkeit aber, mit der die Umgestaltung der Kirche vordrang und
auch in Schlesien Beifall fand, läßt sich annehmen, daß auch Wartenberg
und die Umgegend der evangelischen Predigt die Kirchen nicht allzu
säumig geöffnet haben wird. Vielleicht gehört es schon unter diese
Vorfälle, daß 1522 ein
Edelmann in Melentschin seinem Pfarrer die Ohrenbeichte versagte.
Joachim von Maltzan, welcher 1529 die Standesherrschaft übernahm, war
evangelischen Bekenntnisses und wird die Einführung desselben wohl
möglichst unterstützt haben. Wie an andern Orten mag es auch hier
geschehen sein, daß der Pfarrer mit der Gemeinde sich der Reformation
zuwandte." So leicht und schnell, wie Kurts sich's denkt, ist's doch
nicht gegangen. Was zunächst den angeführten Einzelfall mit dem
Melentschiner Edelmann (der gar nicht mal ein Insasse der
Standesherrschaft war) betrifft, so erscheint derselbe völlig belanglos,
denn ungeratene Pfarrkinder hat es immer gegeben, gibt es auch heute und
wird es zukünftig geben. Wenn aber Kurts meint, Joachim von Maltzan,
welcher 1529 die Standesherrschaft übernahm, sei damals schon
evangelischen Bekenntnisses gewesen, so täuscht er sich.
Nein, Maltzan
war damals noch gut katholisch und gerade deshalb war er in den Besitz
der Herrschaft gekommen. Später allerdings änderte sich seine Gesinnung.
Schon 1536 neigte er zu Luthers Lehre hin, bis er 1549 offen sich zu ihr
bekannte und ihr seitdem mit aller Macht in seiner Herrschaft Eingang zu
verschaffen suchte. Was Friedrich der Große in den "Denkwürdigkeiten der
Brandenburgischen Geschichte" sagt, daß in England die Liebe, in
Frankreich die Neugierde, in Deutschland der Eigennutz die
Religionsumwälzung bewirkt haben, trifft auch bezüglich der
Standesherrschaft Wartenberg zu. Die Lüsternheit nach dem Kirchengut ist
offenbar die Haupttriebfeder zu Maltzans Abfall vom katholischen Glauben
gewesen, innere überzeugung wohl kaum; denn wie hätte er sonst seinen
zweiten Sohn Hans Joachim für das katholische Priestertum bestimmen und
sich so sehr bemühen können, ihm zum Besitz des Dekanats am Breslauer
Domstift zu verhelfen. Dem Beispiele des Standesherrn folgten die
Besitzer der Vasallengüter. Das Kirchengut und die Aussicht, das durch
keine bischöfliche Kontrolle mehr beschränkte Patronat über die auf
ihrem Grund und Boden befindliche Kirche völlig selbstherrlich ausüben
zu können, waren der Köder für so manchen Kirchenpatron, um ihn für die
kirchliche Neuerung zu gewinnen, wie uns das die Tatsachen heute noch
beweisen. So sind z.B. die Wiedmuten zu Wartenberg, Dalbersdorf, Groß
Cosel, Langendorf, Tschermin ganz, andere teilweis durch die kirchliche
Umwälzung verschlungen worden. War der Grundherr und Kirchenpatron der
neuen Lehre zugetan, dann war es durchaus nicht schwer, auch die
Gemeinde zur Neuerung herüberzuziehen. Der "Allmächtige" führte eben
die Neuerung ein und der Untertan mußte willenlos folgen. Wenn es in
Anbetracht solches Druckes durchaus nicht unmöglich erscheint, daß
einzelne Pfarrer des Archipresbyterats Wartenberg fahnenflüchtig
geworden und mit ihrer Gemeinde sich dem Protestantismus zugewandt, so
liegt doch dafür kein einziger urkundlicher Beweis vor; im Gegenteil
bezeugen uns die Klagen der Geistlichkeit wieder Joachim von Maltzan und
seine gleichgesinnten Vasallen, daß jene trotz vielfacher Vexationen treu
zur Kirche gehalten. übrigens erlitt die von Joachim von Maltzan
begonnene kirchliche Neuerung durch die gegen ihn ausgeführte Exekution,
seine Flucht, darauf erfolgte Beschlagnahme der Herrschaft und die bis
1559 sich hinziehenden Verpfändungen derselben eine Unterbrechung. Die
kirchlichen Verhältnisse lagen hier ganz im argen. Wie traurig es damals
ausgesehen haben mag, geht am deutlichsten wohl aus den offenen Patenten
hervor, welche König Ferdinand durch ganz Schlesien bekannt geben ließ
und worin er ernstlich befahl, "alle ungeweihten, auch gemeiniglich
bösen, leichtsinnigen Personen, welche priesterliche ämter verwesen,
Pfarrämter halten und verwalten, abzuschaffen, die geistlichen ämter
aber mit tüchtigen, geweihten und ordinierten geistlichen, priesterlichen
Personen zu
besetzen, die vermessenen, untüchtigen Leute, so sich in den
Dienst Gottes, die hochwürdigen Sakramenta zu reichen, eindringen, nicht
zuzulassen, sondern gänzlich abzutun und dergleichen schreckliche
Mißbräuche zu verhüten", Auf den schlesischen Fürstentagen mußten
wiederholt (so namentlich 1556 und 1558, auch später noch) die
schärfsten Verordnungen gegen die überhand nehmenden Laster erlassen
werden. Punkt VII des Fürstentags-Memorials vom Freitag nach Trinitatis
1556 besagt: "Die Wiedmut und Pfarrhöfe soll man bauen, was davon
gezogen, wiederkehren und die Pfarrherren nicht wie Dienstboten, sondern
als Seelsorger halten, auch die Kirchhöfe zierlich und stattlich
versehen" - und der Fürstentagsbeschluß vom Freitag nach Oculi 1558
verordnete ad IX: "Jedermann dahin zu halten, wo jemand von der
Pfarren-Wiedmuthen und von deme, so zum Gottesdienst gestifft worden,
was entzogen, daß ers restituire."
So wohlgemeint auch solche Patente
und Verordnungen waren, sie mußten fruchtlos bleiben, weil es an der
Exekution fehlte.
Festen Fuß faßte bei uns die kirchliche Neuerung erst unter Joachim
Maltzans Sohne, Hans Bernhard Maltzan. Der inzwischen infolge Vorgehens
der protestantischen Reichsstände am 26. September 1555 zustande
gekommene und 1559 abermals festgesetzte Augsburger Religionsfriede mit
seiner heillosen tyrannischen Regel: "Cujus regio, illius religio"
(Wessen das Land, dessen die Religion) bot dem Standesherrn die
erwünschte Schutzwehr, hinter welcher er das Werk der Glaubensänderung
ungehindert vollführen konnte. Nicht mehr die Frage: Welche Religion
will Gott? sondern die Frage: Welche Religion will der Landesherr? war
für die Religion der Untertanen entscheidend. Und so sehen wir nun, wie
Hans Bernhard von Maltzan als Summus episcopus seiner Standesherrschaft
von 1560 an mit Aufrichtung des lutherischen Bekenntnisses eifrig
beschäftigt ist, wodurch er sich in der Folge bei seinen
Glaubensgenossen den Ehrentitel eines "Cultor evangelii" erwarb. Die
katholischen Priester hatten das Feld räumen müssen und die Kirchen der
Standesherrschaft waren durchweg mit evangelischen Prädikanten besetzt.
Letztere wurden meist vom herzoglichen Konsistorium zu Brieg erbeten,
durch welches die Prüfung der Kandidaten und die darauf folgende
Ordination vorgenommen wurde. Der Standesherr geriet gleichwohl in
Verlegenheiten, da es den Inhabern der Seelsorgsstellen oft an den
nötigen Qualifikationen gebrach. In einem Schreiben vom 15. Januar 1564
an Herzog Georg von Liegnitz-Brieg, in welchem er um Ersatz für den von
Wartenberg nach Brieg berufenen Magister Roth bittet, klagt er, wie er
"an gelernten Leuten allezeit großen Mangel leide." Die evangelischen
Geistlichen gerieten in weit größere Abhängigkeit von ihren Patronen,
als dies bei den katholischen je der Fall gewesen war. Dies beweist
schon der Fürstentagsbeschluß, welcher in Erinnerung bringt, die
Pfarrherren nicht gleich Dienstboten, sondern als Seelsorger zu
betrachten. Ein evangelischer Pfarrer, der sich seinem Patron gegenüber
irgendwie unliebsam machte, konnte ohne weiteres entlassen werden. Trotz
aller Fürsorge Maltzans stand es um die kirchlichen Verhältnisse nicht
günstig; die Geistlichkeit ließ zu wünschen übrig und das Sektenwesen
nahm überhand. Eine Besserung trat erst ein, da Freiherr
Georg von Braun 1570/71 die Standesherrschaft erwarb. Als ein wahrer
Landesvater ging sein Streben dahin, "göttliches Wort in der ganzen
Herrschaft rein zu erhalten und allen Sekten und Rotten zu wehren.
Derhalben dann S. G. nicht ohne sonderliche Unkost sich gelehrter Leut
alher beflißen, das Consistrorium und jährliche Zusambenkunften der
Geistlichen angestellt, damit also auch die Pfarrherrn auf den Dörfern
in die Lehre unterricht und ergerlich Leben, da was an ihnen befunden,
gestraft, mit Lehre und Leben zue Besserungk vorgegangen werde." Diese
sehr wohlgemeinte Einrichtung Brauns fällt in das Jahr 1580. Sie war
jedoch nicht von langer Dauer. Schon unter dem leichtlebigen Sohne Georg
von Brauns, dem Freiherrn Georg Wilhelm von Braun, trat eine Lockerung
der Kirchenordnung ein. Tief in Schulden steckend, verlangte er Hilfe
von seiner Ritterschaft und als ihm diese nicht zuwillen war, gab er ihr
zu bedenken "daß eine Veränderung im Besitz der Herrschaft ihr
gefährlich und bescherlich werden könnte. Novus rex, nova lex. Schon
hätten sich Leute, die nach dieser Herrschaft stehen, angegeben. Was an
Religions, und wie sie sonst sein werden, kann die Zeit geben. Gott
weiß, wie es hernach mit Religion und sonst gehen wird." Das begehrte
Darlehn von 10.000 Reichstalern auf 10 Jahre wurde nicht gewährt, und
Freiherr von Braun verkaufte die Herrschaft - an den katholischen
Burggrafen Abraham zu Dohna.
Die Anwendung jener nicht auf katholischem
Grundsatz beruhenden Ausdehnung des Territorialrechts bis zu der im
Augsburger Religionsfrieden angenommenen despotischen Regel ließ sich
jetzt freilich auch katholischerseits nicht vermeiden; was dem einen
recht, schien dem andern billig. Mit gutem Grunde befürchteten deshalb
die protestantischen Stände der Herrschaft, daß der neue katholische
Standesherr jetzt - wie von Braun es prophezeit - gegen seine
protestantischen Untertanen ebenso vorgehen werde, wie einst der
lutherisch gewordene gegen seine katholischen Untertanen vorgegangen
war. Jedenfalls, um in ihrer Verlegenheit den neuen Herrn sich geneigter
zu machen, boten ihm die Stände aus eigener Initiative sofort die dem
Freiherrn von Braun versagte Geldhilfe an. Dohna war tolerant, auch klug
genug, um nicht etwa pendantmäßig so weit zu gehen, wie seine
protestantischen Vorbesitzer. Die Augsburger Konfession, wie er sie bei
seinem Regierungsantritte in der Standesherrschaft vorgefunden, sollte
weiter frei gelehrt werden dürfen; dieselbe Freiheit aber sollte auch
das katholische Bekenntnis genießen und das stiftungsmäßig katholische
Kirchengut restituiert werden. Auf diese Weise wurde Dohna der Schöpfer
der Religionsfreiheit in seiner Herrschaft, auf welcher bisher der
härteste Religionszwang lastete.
Gleich bei Erkauf der Standesherrschaft hatte Dohna sich die Pfarrkirchen zu
Wartenberg und Bralin für den katholischen Kult vorbehalten. Als er 1592
die Regierung antrat und die beiden genannten Kirchen für den
katholischen Gottesdienst forderte, geschah es, daß die protestantischen
Untertanen sich soweit vergaßen, in offener Empörung gegen ihren
Landesherrn zu Wartenberg und Bralin Kirchentumulte zu erregen, die so
bedrohlich wurden, daß Dohna sich genötigt sah, den Kaiser um Hilfe
anzugehen. Dohna stand vorläufig von seiner Forderung ab und erwartete
im Vertrauen auf sein gutes Recht die Entscheidung des Kaisers. Dieser
übertrug die Untersuchung einer Kommission und die Sache schleppte sich
jahrelang hin. Inzwischen aber ließ der Standesherr sich willig finden,
mit Stadt und Ritterschaft in Verhandlungen zu treten. Mit dem Rat der
Stadt Wartenberg geschah dies unterm 14. November 1592 aufgrund
folgender vom Standesherrn bereits früher aufgestellten Artikel:
" 1.
Die Religion Augspurgischer Confession soll Ihnen frey sein, dessen Sie
dan schrieftlich sollen assecuriret werden,
2. Sie mögen Ihnen auch eine
Kirche erbauen und darin Irer Religion freyes Excercitium haben,
3.
Interim aber soll Ihnen vergönnet sein, in meinen Kirchen zue predigen,
dergestalt, daß Sie Ihre Messen und Communion in meiner pollnischen
Kirchen, die deutsche Predigt aber in meiner deutschen Kirchen
vorrichten mögen, und dieß auf drey Jahr, in welcher Zeit Sie Ihres
gefallens eine Kirche steinern oder hölzern (darin Gott ebenso woll zu
erhöhren pfleget) erbauen können.
4. Damit nun aber Fried in Zechen
erhalten, und aller Zank vorhuettet werde, soll die Freystellung der
Religion bey schwerer Straffe verpönet werden.
5. Den Predigern soll
auff beiden Theilen die Injuirung und Scalirung verboten und inhibiret
sein." Demnächst erteilte der Standesherr der Stadt und Landschaft
folgenden Revers:
"Ich Abraham, Burggraf zu Dohna, Freiherr auf
Wartenberg und Bralin, S. Georges Hierosolimit. Ordens Ritter, Römisch
Kaiserl. auch zu Hungarn und Böheimb Königl. Maj. Kammerrath in Ober-
und Niederschlesien, auch erwählter Königl. Würden zu Polen, Erzherzogs
Maximilian zu Oesterreich Administrators des Hochmeisterthums in
Preußen, Rath und Kammerherr, bekenne hiermit offentlich gegen
Allermänniglichen, daß ich mit wohlbedachtem reiffen Rath, aus sondern
Gnaden, damit ich den Edlen, Gestrengen, Ehrenwesten N. N. meinen
insonders lieben Getreuen, denen von der Ritterschaft und Mannschaft
meiner Freyen Herrschaft Wartenberg, sowohl denen Ehrbaren, Weisen N.
Rathmannen und ganzen Gemeine der Stadt Wartenberg, sonders wohl gewogen
gewesen um ihrer gehorsamen Dienst und sonders erzeigten treuen Willens,
die sie mir anitzo unterthänig erwiesen und für baß gleichfalls zu thun,
sich gehorsamst erboten, Ihnen denen von der Ritterschafft und ihren
Unterthanen, sowohl der Stadt diese besondere Freyheit gegeben,
gewilliget, vergönnt und zugelassen, daß hinführo nun und zu ewigen
Zeiten vor mir meinen Erben und Erbnehmern und künftigen nachkommender
Herrschafft gantz und gar und von Jedermänniglichen gantz ungehindert
die Augspurgische Lehre und Confession, wie solche Anno 1530 von
Reichsfürsten Kayser Carln V. Höchstlöblichster Gedächtnüß vorbracht und
von Höchstgedachter Majestät gnädig approbiret und angenommen worden,
Jedermänniglichen frey seyn und in ihren Kirchen auf dem Lande und in
der Stadt ordentlichen geprediget und gelehret werden soll, und mag
auch, da irgend einer von Adel oder derselben Unterthanen zu
meiner oder andern Kirchen gewidmuth wären, wenn die Augspurgische
darinnen nicht gelehret und geprediget würde, oder durch Nachläßigkeit
die Kirchspiele ohne ordentliche Priester obgenannter Augspurgischen
Religion unbesetzt bleiben, sollen sie Macht haben mit samt ihren
Unterthanen von solcher Kirchen samt dem Decem abzusondern und zu andern
Kirchen in- oder außerhalb des Landes, wie vor Alters sich zuschlagen,
auch den Decem dahin zu wenden und zu reichen, vor mir, meinen Erben und
nachkommenden Herrschaften gantz ungehindert. Weilen mich denn
obgemeldte die von der Ritterschaft, sowohl gemeine Stadt,
unterthänigsten und gehorsambsten Fleißes angelanget und gebethen, Ihnen
solches alles, wie oben begrieffen, als der vollmächtig-regierende
Landesherr zu confirmiren, zu bekräftigen und zu bestätigen: Als thue
ich solches hiemit wissentlichen und in Kraft dieses meines Brieffes
offentlichen, daß nun hinführo und zu ewigen Zeiten solche Augspurgische
Lehre und Confession in dieser meiner Freyen Herrschaft Wartenberg
öffentlich in Kirchen auf dem Lande und in der Stadt gepredigt werden
soll und mag; alles vermöge und nach Inhalt wie itzo regierende
keyserliche Majestat diesen Landen in Schlesien dero Religion
bestättiget und dero gehorsamsten Fürsten und Ständen mit Exercirung der
Augspurgischen Konfession begabet, vor mir, meinen Erben und
nachkommender Herrschaft, nun und zu ewigen Zeiten ungehindert,
treulich, sonder Gefehrde. Zue Urkund und steter besthaltung habe ich
mein Seeret wissentlich an diesen Brieff hangen lassen, und mich mit
eigener Hand unterzeichnet. Geschehen und gegeben auf Wartenberg am
Sonntage Sexagesima im Fünfzehnhundert Drey und Neunzigsten Jahre.
(L.S.)
Zur Erbauung einer eigenen protestantischen Kirche zeigte die Stadt
wenig Lust, denn man hoffte immer noch auf eine günstige Wendung der
Dinge. Obwohl die kaiserliche Entscheidung für die Protestanten
ungünstig ausfiel, hielt der Standesherr doch sein Versprechen: den
protestantischen Patronen beließ er ihre Kirchen für die Predigt der
Augsburger Konfession, die Kirchen seines eigenen Patronats (wozu die
beiden Stadtkirchen zu St. Peter und Paul und zu St. Michael gehörten)
aber gab er 1598 ihrer ursprünglichen Bestimmung zurück, nur die
Pfarrkirche zu Türkwitz, obgleich Standesherrlichen Patronats, blieb
noch evangelisch, aus welchem Grunde, hat sich nicht ermitteln lassen.
Diesen Ausgang der Sache hatten die Wartenberger nicht erwartet. Sie
verlegten sich jetzt aufs Bitten; doch der Burggraf ließ von seiner
Forderung nicht ab, schob aber die Einziehung der beiden Stadtkirchen
noch auf drei Jahre hinaus. 1601 machte er dem bisherigen Zustande ein
Ende. Er überließ der protestantischen Gemeinde die sogenannte polnische
Kirche zu St. Michael für deren Gottesdienst und gab nachstehende
Konzession:
"Ich Abraham, Burggraf zu Dohnaw, Freyherr auf Wartenberg
und Bralin, Seiner Kayserl. Maj. Rath und des Marggrafthums Oberlaußnitz
vollmächtiger Landvoigt auch Sr. Durchlauchtigkeit Erzherzogs
Maximiliani zu Oesterreich Rath und Cammerherr, Urkunden und bekennen
hiermit: Demnach die Röm. Kays. auch zu Hungarn und Böheim Königl.
Majestät, mein Allergnädigster Kayser, König und Herr, Dero Untherthanen
im Lande Schlesien das Exercitium bey der alten Catholischen und
Augspurgischen Confeßion-Religion frey gelassen und gnädigst verstattet,
ich auch gedachte Augspurgische Confeßion bey Antretung meiner Regierung
in freyern Exercitio allhier in meiner Stadt Wartenberg befunden.
Dannenhero die Erbaren, Wohlweisen, meine liebe getreuen Burgermeister
und Rathmanne meiner Stadt Wartenberg samt den Aeltesten und ganzen
Gemeine bey mir gehorsambst supplicando angehalten, ihnen beyde Kirchen
in der Stadt zu Fortstellung ihres Gottesdienstes zu vergünstigen, denen
aber zur Handhabung und Erhaltung meiner auf beyden Kirchen käuflich an
mich gebrachte und versessene Juris Patronatus ich nicht deferiren
können, habe
auf heute gegen Abtretung der Pfarr- oder großen Kirchen St. Petri und
Pauli, derer sie sich per Traditionem nun und zu ewigen Zeiten; aus
Gnaden ihnen hingegen wissentlich bewilliget: Anfänglich und
Zum 1ten,
daß ihnen, denen Unterthanen, das Exercitium Augustanae Confessionis
unverschrenckt, sie auch in solchem in keinerley Wege, in dero ihnen von
mir eingeräumeten Kirche nicht turbiret, sondern solchen ihren
Gottesdienst für mich und die Meinigen ungehindert nachhero wie vor
abwarten, ihnen auch, wann die itzigen Prediger, entweder tödlich
abgehen, oder sonsten ihre Stationes veränderten, an qualificirte, der
Augspurgischen Confeßion verwandte Personen, jedoch salvo meo Jure
Patronatus, wie Landesherrlichem Ob- und Botmäßigkeit ungehindert meiner
und künftigen Herrschafft vociren, und die Stellen mit tauglichen, mir
und künftiger Herrschafft nicht widerwärtigen Personen, ersetzen mügen.
Es sollen auch denen itzigen und künftigen Predigern ihre destimirte
Wohnungen ruhig, denn auch bey solchen ihre Schulen gelassen werden.
Fürs
2te, Weilen sich meine Unterthanen gehorsamb angegeben, daß die
ihnen zugelassene Polnische Kirche fast klein und sie solche, damit die
Gemeine darinnen ihren Gottesdienst desto füglicher abwarten könne, zu
erweitern gesonnen, als habe ich ihnen solche zu erweitern bewilliget.
3tens, Weilen auch die Todten daselbst zu der Erden zu bestättigen kein
Platz verhanden, habe ingleichen aus Gnaden ihnen zugelassen, daß, was
Raths- oder andere ehrliche Personen aus der Bürgerschafft auf den
Kirchhoff St. Petri und Pauli mögen geleget und daselbst bestattet, die
andern und gemeinen Personen aber uf das Begräbniß für dem Thore, wie es
vormals gehalten, begraben werden. Zum
4ten, Weilen auch in der Polnischen Kirchen kein Geläute oder Glocken
verhanden, solle es also gehalten werden, daß zu beyder Gottesdienst und
Begräbnüß, auch andern nothwendigen Sachen, die ezt vorhandenen
Stadtglocken, oder damit ihrer Zuthat andere verschafft würden, sollen
gebrauchet werden. Zum
5ten, Sollen meine Untherthanen den Kirchenornat oder Schmuck, so viel
daselbst verhanden, aus der Kirchen St. Petri und Pauli hinwegzunehmen,
undt in ihre
Kirchen zugebrauchen, sowohl auch die Bäncke in die andere Kirche zu
transferiren befugt seyn, iedoch in allwege die Orgel darinnen
verbleiben. Zum
6ten, Weilen vermöge des Raths mir unter dem
Stadtinsiegel sub dato den 1. Augusti übergebene Specification, was an
Kirchengeistlichen Zinsen und Decem jährlich einkommen solle, sich
befindet, daß 17 Thlr. 35 Gr. 2 Hellerjährlich Kirchenzinß gefallen, als
habe ich aus Gnaden bewilliget, daß solche zu bauständiger Erhaltung bey
der Kirchenjährlich von den Kirchvätern sollen angewandt, und davon
jährlich ordentlich Raitung angestellet werden. Zum
7ten, Weilen an
Geistlichen Zinsen auf Martini, laut obangezogener Specification 17
Thlr. 12 Gr. von etlichen von Adel meiner Herrschafft jährlich sollen
entrichtet werden, so sollen dieselben zu Unterhaltung meiner Priester,
so ich künftig zu St. Petri und Pauli setze, unverhalten angewendet
werden, die Stadt aber von dato an sich solcher 17 Thl. 12 Gr.
Geistlicher Zinsen sich ferneranzumaßen, nicht berechtigt seyn. Zum
8ten, Weilen 25 Thlr. 12 Gr. an geistlichen Zinsen von Häusern in der
Stadt, von Aeckern und Gärten jährlich gefallen, sollen solche 25 Thlr.
12 Gr. dem Rathe zu derselben gefälligen Disposition und Ausgabe
gelassen werden. Zum
9ten, sollen ihnen die Getreyde-Zinse von den
Kalischen, Schleusischen, Comorauischen Vorstädten, wie solche in der
Specification erwehnet und an Korn und Haber, Drey Malter, Acht Scheffel
und ein halb Viertel austragen, einem Rath im gleichen verbleiben. Und
weilen ein Rath und die Gemeine gehorsamst fürgebracht, daß das Dorff in
und allerwege nach Wartenberg gepfarret und dahin incorporiret gewesen,
solches Dorff aber unter dem Bißthum Breßlau gelegen, die Kirche zu
Langendorff aber das gedachte Dorff allda hin gewiedmuthet, prätendiren
thuth, als soll es bey Ihr Gnaden fernerer Erklärung verbleiben. Fürs
10te, Weilen sich ein Rath und die Gemeine auch höflich beschweret, daß
ihnen an Kirchenzinsen und Dexem bey denen von Adel und andern Besitzern
etzlicher Güther von vielen Jahren her ein ziemlicher Rest ausständig,
als habe ich ihnen aus Gnaden zugelassen und bewilliget, daß sie solchen
Rest, so viel bis auf heute dato beschlossenen Abhandlung restiret,
einnahmen und alles Fleißes, darob seyn sollen, daß solcher Rest
ermahnet und eingebracht und hernach zur Erleichterung des Schuldwesens,
damit die Stadt aus solcher Vertiefung gesetzt, angewandt, und was damit
also vom Schuldwesen abgeführet, specificiret werde.
Schlüßlich, weilen eine Wiedmuth, so weyland dervon Regenspurg der
Kirchen legiret und darüber einem Rath meiner Stadt Wartenberg zu
Testamentoren constituiret, solche auch die Geistligkeit ihrem Anbringen
nach niemals genossen haben soll, noch zur Zeit aber, wie es eigentlich
darum gewandt, in der Eil ich nicht genugsam berichtet werden können;
als soll hinkünftig hierüber auch billiger rechtmäßiger Austrag und
Resolution von mir hierüber erfolgen.
Wann dann hieraus meine gedachte
liebe Unterthanen meine gnädige Affektion zu spüren, als schaffe,
befehle und will ich, daß hinführo in Zechen und Zusammenkünften bey der
Catholischen Römischen Religion und Augspurgischen Confeßion, wie die
höchstgedachte Ihro Kayserl. Majestät dem Lande Schlesien bey
aufgenommener Huldigung zugelassen, dergestalt frey exerciret, daß
gleich sehr, wie bis dato geschehen, die Catholischen Handwercksleute
von den andern Religions-Verwandten nicht molestiret noch verfolget
werden sollen, sondern soll ihnen frey stehen, in meine Catholische oder
in die andere ihnen salvo Jure Patronatus, allein aus Gnaden zugelassene
Kirche zu gehen und des heiligen Gottesdienstes abzuwarten. Es sollen
auch die Zechen in ihren Begräbnüssen die Leiche zu beläuten kein
Defernen halten, sondern sich ganz friedlich bezeigen; wie denn auch die
Stadt ihren Prädikanten uf der Cantzel und sonsten welches ich mir klar
bey schwerer Straf und Ungnade vorbehalte, alles wider die Catholischen
Röm. Religion schmähen, ausmachen und toben verbieten und abschaffen
sollen, damit uf beyden Theilen Friede und Einigkeit erhalten und
fortgepflantzet werden könne.
Zu Urkund habe ich diese meine gutwillige Fürstellung und Concession mit
meinem größeren Secret verfertigen lassen und mit eigener Hand
unterschrieben Actum Wartenberg, den 1. Aug. Ao. 1601.
(L.S.) Abrahamb.
Wiewohl Abraham von Dohna von den besten Absichten geleitet,jedem seiner
Untertanen gerecht zu werden sich bestrebte, sah er seines katholischen
Bekenntnisses wegen sich vielfach doch beargwöhnt, was ihn
schwer kränkte. "Um selbst so großer Betrübniß, Angst, Despekten und
Herzenleidt zu entgehen und auch seine Nachkommen davor zu bewahren"
faßte er den Entschluß, seine Herrschaft zu verkaufen, und als die Lage
der schlesischen Katholiken infolge des Majestätsbriefes sich noch
verschlimmert, finden wir den Burggrafen Ende 1609 und Anfang 1610
wirklich in Verkaufsunterhandlungen mit dem protestantischen Herzog Karl
von Oels, welchem er dabei erklärt, daß die Möglichkeit, die Herrschaft
Wartenberg zu erwerben, nur
zu seinen Lebzeiten bestehe und sagt wörtlich: "Nach meinem Todt ist
alle Hoffnung, so lang ein Herr von Dohna lebet, umbsonst." Aus welchem
Grunde die Verhandlungen nicht zu erwünschtem Ziele führten, hat sich
nicht ermitteln lassen.
Abrahams Sohn, Burggraf Karl Hannibal von Dohna,
bestätigte am 4. Mai 1615 seinen protestantischen Untertanen das vom
Vater 1593 erteilte Religionsprivilegium und es herrschte im allgemeinen
in kirchlicher Beziehung Ruhe und Frieden bis zum 2. Drittel des
30jährigen Krieges. Infolge der gewaltigen politischen Veränderungen und
des damit zusammenhängenden Verlustes der im Majestätsbrief gewährten
Religionsfreiheit für die böhmischen und schlesischen Protestanten und
infolge Erlasses des Restitutionsedikts (vergl. S. 95) begann für die
Standesherrschaft Wartenberg abermals eine Zeit großer kirchlicher
Wirren. Kaiser Ferdinand II. forderte alle seit dem Passauer Vertrage
(2. August 1552) von den Protestanten in Besitz genommenen katholischen
Kirchen und Kirchengüter für den katholischen Kult zurück. Trotz ihrer
Gegenvorstellung und Berufung auf ihr von Abraham von Dohna erteiltes
Religionsprivileg mußten die protestantischen Landstände der Herrschaft
sämtliche Kirchen 1629 für die katholische Gottesverehrung zurückgeben.
Nur in der Stadt Wartenberg wurde den Protestanten die Michaeliskirche
weiter belassen. Dieser Zustand war jedoch von nur kurzer Dauer. Die
Niederlage der Kaiserlichen, die Einnahme Wartenbergs, durch die
kursächsischen Truppen (1632), der Tod des Standesherrn (1633), die
Minderjährigkeit des Besitznachfolgers führten eine völlige Veränderung
herbei. Zur besseren Beurteilung der nun eingetretenen Verhältnisse wird
auf das im ersten Teil S. 100 Gesagte verwiesen. Die protestantischen
Stände, welche jetzt auf einmal alle Macht in ihre Hände bekamen, hatten
nichts Eiligeres zu tun, als sofort sämtliche Kirchen der
Standesherrschaft - auch diejenigen Standesherrlichen Patronats - dem
katholischen Kult zu entziehen, die katholischen Priester zu vertreiben
und an ihre Stelle lutherische Prediger zu berufen. So blieb es bis zum
Herbst 1636, da Burggraf Maximilian Ernst von Dohna, zur Großjährigkeit
gelangt, die Regierung der Standesherrschaft antrat. "Auf gehorsames
Bitten der Ritterschaft und Landschaft, wie auch des Rats und der ganzen
Gemeine der Stadt Wartenberg" bestätigte er allerdings die vom Vater und
Großvater erteilten Privilegien, sonderlich den Revers, welcher das freie
Exercitium Augustanae Confessionis zusichert und konfirmiert, nahm
aber die große Kirche in Wartenberg und alle übrigen Kirchen seines
Patronats für den katholischen Kult zurück; die Landkirchen der
protestantischen Ritterschaft und die Stadtkirche zu St. Michael blieben
evangelisch. Als am 10. Juni des folgenden Jahres im Brande der Stadt
die Michaeliskirche zugrunde gegangen war, erließ der Landeshauptmann am
14. desselben Monats folgende Kundmachung:
"Von dem Hochwohlgebohrnen
Herren Herren Maximilian Ernesten Burggraffen zue Dohnaw, Herren auf
Wartenberg, Bralin, Goschicz und Solnicz, der Röm. Kayßerl. Majestät
Würcklichem Mundschenken: wirdt hiermit der abgebrannten Gemeine der
Stadt Wartenberg vermeldet, daß Hochgedachte Ihre Gnaden sich ein- für
allemal dahin in Gnaden resolvieren, daß ungeachtet sie aus gewissen
Ursachen die kleine Kirche icziger Zeit nit wieder erbauen lassen, noch
die lutterische Prediger in der Stadt dulden können, daß einem Jeden die
zwey Religionen als katholisch und lutterische frey sein und bleiben,
auch erlaubet
sein soll, aufm Lande die Kirchen, welche ihnen gefällig, zu besuchen
und ihres Gottesdienstes darinnen zu gebrauchen. Vors andre wollen
Hochgedachte Ihre Gnaden zu Wiederauferbauung der Häuser einem Jedweden
unter obgedachten zwein Religionsverwandten ohne Unterschied Bauholz aus
Ihr Gnaden Walde folgen lassen und wie bishero also auch ferner
gleichmäßigen Schutz halten und die Justitiam in einer durchgehenden
Gleichheit administriren lassen. Damit nun Hochgedachte Ihr Gn. wissen
mögen, welcher Ihr Gn. treuer Untertan sein, bauen, allhier verbleiben
und obgedachter Ihr Gn. offerirten Gnaden sich theilhaftig machen will,
Derselbe soll und wird Hochgedachter Ihrer Gn. seinen Namen einzugeben
wissen. Wornach sich jedermänniglichen zu richten. Zu Urkund haben
Hochgedachte Ihre Gn. dero Burggräfl. Hand unterzogen. Actum Wartenberg
den 14. Juni 1637.
In der Stadt Wartenberg hatte nun der protestantische Gottesdienst
aufgehört. Die Protestanten der Stadt hielten sich von jetzt ab zu den
nächsten Landkirchen, was für sie freilich mit mancherlei
Unannehmlichkeiten verknüpft war. Doch auch die Katholiken und
namentlich ihre Priester waren keineswegs auf Rosen gebettet, denn der
Standesherr, welcher selbst in großen Nöten steckte, tat nichts weiter
für Hebung des Katholizismus, hatte sogar die Pfarreinkünfte nebst
Regesten beschlagnahmt, was wiederholt Anlaß zu bitteren Klagen gab. Die
Ritterschaft machte es nicht besser. Sie verweigerte nicht bloß den
katholischen, sondern auch den protestantischen Pfarrern den schuldigen
Dezem und andere Gebühren und bereitete ihnen viele Widerwärtigkeiten.
Der schreckliche Krieg vollendete das Elend. Die Feder sträubt sich, den
Greuel der Verwüstung, namentlich das sittliche Verderben, von dem
selbst die Geistlichkeit nicht unberührt blieb, zu schildern. Wieviel
übel wäre doch abgewendet worden, hätte man das große Wort beherzigt,
das einst Aegidius von Viterbo, der berühmte Augustiner-General bei
Eröffnung des fünften Laterankonzils (1512) gesprochen: daß die Menschen
durch das Heilige, nicht aber das Heilige durch die Menschen zu
reformieren sei!
Für die Protestanten dauerte der Besitz und Gebrauch
der Landkirchen nicht lange. Die protestantischen Stände Schlesiens und
Böhmens hatten, wie bekannt, ihre Erhebung gegen den rechtmäßigen
Landesherrn mit dem Verlust der Religionsfreiheit büßen müssen. Es
erging das Restitutionsedikt und der Kaiser behielt sich selbst die
Entscheidung über Religionsangelegenheiten vor. Dadurch gestaltete sich
auch die Lage der Protestanten in der Standesherrschaft umso
schwieriger, als dem Standesherrn aller Einfluß auf
Religionsangelegenheiten entzogen war. Wir sehen deshalb, wie von nun an
die Standesherren einerseits die von den protestantischen Ständen
begehrte Konfirmation der Religionsprivilegien ablehnen, andererseits
aber auch nichts für Hebung der katholischen Sache tun, sich vielmehr
völlig neutral verhalten. Im westfälischen Friedensschlusse (1648) wurde
dem Kaiser bezüglich der sogenannten Erbfürstentümer und
Standesherrschaften das Jus reformandi auf Grund der von den
Protestanten aufgestellten Regel "Cujus regio,
illius religio" sanktioniert und in Artikel V § 39 ausdrücklich
zuerkannt. Hatten die protestantischen Stände diese Regel, noch ehe sie
staatsrechtliche Gültigkeit erlangt, mit größter Strenge durchgeführt,
so war es nur zu natürlich, daß sie jetzt, nachdem ihre staatsrechtliche
Gültigkeit ausgesprochen war, zum Nachteil derer, die sie zuerst
aufgestellt, vom katholischen Landesherrn angewendet wurde. übrigens
machte der Kaiser von diesem Rechte nur beschränkten Gebrauch und
gewährte den Anhängern der Augsburger Konfession eine Freiheit, wie sie
dieselbe nicht mal in protestantischen Ländern, zum Beispiel in England,
genossen und wie sie gegen Katholiken in keinem protestantischen Lande
geübt wurde. Er zwang die Protestanten (was er nach jenem Recht hätte
tun können) nicht, zum Katholizismus überzutreten oder auszuwandern; er
gestattete ihnen vielmehr den Besuch des protestantischen Gottesdienstes
in benachbarten, im Gebiet protestantischer Fürsten belegenen Orten; die
Kirchen dagegen mußten den Katholiken zurückgegeben werden. Wir finden
deshalb, daß alle Ortschaften, deren Grundherr damals dem
protestantischen Bekenntnis angehörte, protestantisch blieben und ihre
Einwohnerheute noch überwiegend protestantisch sind. Allerdings kam das,
was der Kaiser forderte, den Protestanten, die sich damals im
tatsächlichen Besitz der Kirchen befanden, sehr hart an; aber er war nun
einmal in seinem Rechte ebenso gut, wie die protestantischen Fürsten,
die es für Sünde gehalten hätten, katholischen Untertanen Duldung zu
gewähren. Es war dies - wie es in einer Entscheidung des Königlichen
Oberlandesgerichts zu Breslau vom 23. Mai 1885 wörtlich heißt: "ein in
Ausübung eines im Friedensvertrage verbrieften landesherrlichen Rechts
vorgenommener Akt berechtigter Regierungsgewalt. " Die Rückgabe der
Kirchen entsprach zudem auch dem kanonischen Recht, nach welchem nicht
der einzelnen Kirchgemeinde, noch weniger aber der politischen Gemeinde
ein Eigentumsrecht an den Kirchen und dem Kirchengute zusteht, sondern
der Gesamtkirche, die nach außen hin in den einzelnen kirchlichen
Instituten (Stift, Kloster, Pfarrkirche etc.) als Vermögenssubjekt
erscheint. Danach blieb das Recht auf alle, ursprünglich für den
katholischen Gottesdienst geweihten Kirchen auch dann noch bestehen, als
die Parochianen zum Protestantismus abgefallen waren.
"Es lebten (um mit der angezogenen
oberlandesgerichtlieben Entscheidung zu reden) die früheren
Eigentumsverhältnisse einfach wieder auf und traten die Grundsätze des
kanonischen Rechts wieder in kraft, als durch die vom Kaiser als
Landesherrn der schlesischen Erbfürstentümer zu diesem Zwecke
eingesetzten Reduktions-Kommissionen die aus katholischer Zeit
stammenden Kirchen den Protestanten, in deren Besitz und Benützung sie
sich befanden, abgenommen und den Katholiken zurückgegeben wurden. Als
ein widerrechtlicher Gewaltakt kann die Besitzeinziehung nicht angesehen
werden." Der Kaiser brachte übrigens den protestantischen Untertanen
seiner Erbfürstentümer genau diejenigen Grundsätze zur Anwendung, welche
die Protestanten selbst für die Behandlung der Andersgläuhigen damals
aufstellten, wie solche klar und deutlich in dem Gutachten der
Wittenberger Fakultätstheologen vom 19. Mai 1664 niedergelegt sind.
(Vergleiche Menzels N. Geschichte der Deutschen 1. Aufl. VIII. 459). An
Bemühungen, die Rückgabe der Kirchen an die Katholiken abzuwenden,
fehlte es protestantischerseits nicht, sie bleiben aber erfolglos.
Die
in protestantischen Händen befindlieben Kirchen der Standesherrschaft
Wartenberg, welche auf Grund des Westfälischen Frieden sinstruments den
Katholiken zurückgegeben werden mußten, waren die zu: Dalbersdorf,
Distelwitz, Domsel, Gömsdorf, Märzdorf, Mangschütz, Mechau, Ober
Stradam, Rudelsdorf, Schönwald, Schollendorf, Steine und Tschermin. Die
Pastoren dieser Kirchen erhielten 1653 den kaiserlichen Befehl, sich
aller Amtshandlungen zu enthalten und ihre Stellen aufzugeben. Weil
diesem Befehle nicht Folge geleistet wurde, trat die vom Kaiser unterm
24. Dezember desselben Jahres ernannte Reduktionskommission in
Tätigkeit. Dieselbe zog in der Woche vom 24. Februar bis 3. März 1654
von Kirche zu Kirche, forderte die Kirchenschlüssel ab und ordnete die
Entfernung der Prediger an; ein bischöflicher Kommissar hatte die
Kirchen für den katholischen Kult wieder einzurichten und den
katholischen Geistlichen einzuführen. Daß die Aufgabe der Kaiserlichen
Reduktionskommission keine angenehme war, läßt sich wohl denken.
Befleißigten sich die Kommissare auch möglichster Nachsicht und
Schonung, so sahen sie sich doch allerorts einer in ihren religiösen
Gefühlen tief gekränkten protestantischen Bevölkerung gegenüber, und
wenn letztere - wie es anderwärts geschah - sich hier zu Exzessen nicht
hinreißen ließ, so blieb der Stachel innerer Verbitterung doch zurück
und machte sich in der Folge bei jeder passenden und unpassenden
Gelegenheit immer und immer wieder recht unangenehm bemerkbar. Hatten
einst die Kirchenpatrone ohne Rücksicht auf die Gemeinden und unter
Mißachtung der bischöflichen Autorität eigenmächtig die katholischen
Pfarrer verdrängt und lutherische Prediger eingesetzt, so wurden nun
ohne Rücksicht auf die Patrone die Prediger beseitigt und wieder
katholische Priester eingesetzt. Dabei erlangten die Katholiken bei
weitem weniger zurück, als ihnen entzogen worden war. Zu ihren Verlusten
gehörten Dotationen, welche teils geschmälert, teils auf mancherlei
Weise vernichtet waren, so daß sie in der Folge vielfach rat- und
hilflos blieben.
Die reduzierten Kirchen der Standesherrschaft waren
zunächst nur einstweilig mit katholischen Seelsorgern versehen worden.
Als die endgültige Besetzung erfolgen sollte, verweigerten die
protestantischen Patrone die Präsentation katholischer Pfarrer. Es mußte
ihnen erst mit Entziehung des Patronatsrechts gedroht werden, ehe sie
sich dazu verstanden.
Das Los der neu eingesetzten katholischen
Geistlichen war durchaus nicht beneidenswert. überall begegneten sie
scheelen Augen; ihren Kirchen fehlten fast alle zur Feier des
Gottesdienstes erforderlichen Requisiten; die Kirchen, Pfarr- und
Schulgebäude waren meist im Verfall, niemand wollte etwas zur
Instandsetzung derselben tun. Die kirchlichen und pfarrlichen
Vermögensverhältnisse lagen ganz im argen. Dokumente über kirchliche und
pfarrliche Einkünfte und Gerechtsame waren verschwunden; kirchliche und
pfarrliche Gebühren wurden verweigert, sodaß es den Geistlichen am
notwendigen Unterhalt gebrach. Die akatholischen Grundherren verboten
überdies ihren Untertanen, protestantischen wie katholischen, die
Teilnahme am Gottesdienste, verleiteten und zwangen sie sogar zur
Entheiligung der Sonn- und Feiertage u.a.m. Da in den Orten mit
reduzierten Kirchen auch die Protestanten der Jurisdiktion der
katholischen Pfarrer unterstanden (geradeso, wie umgekehrt, in den
Gebieten protestantischer Fürsten die katholischen Einwohner unter die
Jurisdiktion der protestantischen Pfarrer gehörten), so waren sie
verpflichtet, von diesen alle Parochialhandlungen vornehmen zu lassen.
Weil diese
Verpflichtung oft umgangen wurde und zu häufigen Beschwerden führte,
erlaubte der Kaiser den Protestanten, sofern sie die Stolgebühren dem
zuständigen katholischen Pfarrer entrichtet hätten, Taufen, Trauungen
und Beerdigungen von auswärtigen Pfarrern vollziehen zu lassen.
Wohlhabendere, namentlich adelige Protestanten hielten sich an die
Kirchen zu Festenberg, Medzibor, Pontwitz und Reesewitz. Die Konvention
von Altranstädt brachte ihnen neue Erleichterungen, die, oftmals
mißbräuchlich verwertet, zu neuen ärgernissen führten.
Nach beendeter
Gegenreformation bestand das Archispresbyterat Wartenberg nur aus den
Pfarreien: Wartenberg, Bralin, Trembatschau, Türkwitz, Domsel
Mangschütz, Rudelsdorf mit Schönwald und Distelwitz, Schollendorf. Die
übrigen, vor der Kirchenspaltung vorhanden gewesenen Pfarreien waren
entweder eingegangen, oder wurden infolge gänzlichen oder teilweisen
Verlustes ihrer Dotation nun benachbarten Parochien adjungiert oder als
Filialen angeschlossen. Die Pfarrei Goschütz war zum Archipresbyterat
Zirkwitz geschlagen und kam später zum Archipresbyterat Militsch. Wir
kennen die Bedingungen, welche die preußischen Dohnas, welche
reformierten Bekenntnisses waren, eingehen mußten, als sie 1719 den
Besitz der Standesherrschaft antraten. In den kirchlichen Verhältnissen
änderte sich damals weiter nichts, als daß der neue Standesherr die
Erlaubnis erhielt, eine Hauskapelle zur Privatandacht nur für sich und
seine der reformierten Religion zugetanen Hausbedienten einzurichten und
einen reformierten Geistlichen dabei zu halten. Im übrigen blieb alles
beim alten, nur daß gemäß der vom Burggrafen abgegebenen Versicherung
der jedesmalige Landeshauptmann ein Katholik sein mußte.
Alexander
Burggraf zu Dohna machte den evangelischen Ständen zu Gefallen den
Versuch, vom Kaiser die Genehmigung zur Erbauung einer evangelischen
Kirche in Wartenberg zu erlangen und waren seine Bemühungen nicht ohne
Erfolg gewesen. Auf dem am 2. September 1727 zu Wartenberg
stattgefundenen Landtage konnte er bekanntgeben, "wie die Kaiserliche
Majestät ihm die besondere Gnade einer evangelischen Kirche zu
Wartenberg verliehen, deren Confirmation und Anweisung auszuwirken, sein
Sohn im Begriffe sei an den Hof zu reisen." Da die evangelischen Stände
für diese Reise eine Beihilfe von 400 Fl. pro Monat bewilligen sollten,
erhob Hans George Freiherr von Dyhrn und Schönau als Besitzer von Nieder
und Ober Stradam energischen Protest hiergegen. Das Oberamt verfügte an
den Burggrafen, dem von Dyhrn
solche Beiträge nicht zuzumuten und die Stände, welche ihre Steuern
ohnedies zu entrichten hätten, mit dergleichen Forderungen zu
verschonen. Aus der evangelischen Kirchenbausache wurde infolgedessen
nichts.
Anders gestaltete sich die Angelegenheit, als der mächtige und
einflußreiche russische Premierminister Graf Ernst Johann von Biron,
welcher selbst evangelischen Bekenntnisses war, 1734 die
Standesherrschaft erkaufte. Die protestantischen Stände und Untertanen,
von den freudigsten Hoffnungen und gespanntesten Erwartungen getragen,
priesen den Regierungswechsel als den Beginn einer besseren,
glücklichen Zeit und betrachteten den neuen Standesherrn als den
Erlöser, der ihnen die ersehnte Freiheit religiöser Bewegung bringen
werde. Sie hatten sich nicht getäuscht. Unter bedeutenden persönlichen
Opfern erwirkte Biron recht bald die kaiserliche Erlaubnis zur
Errichtung einer Schloßkapelle. Schon am 3. September 1735 schrieb der
Kaiser an sein Oberamt in Schlesien:
"Carl pp. Liebe Getreue. Demnach
wir dem (Tit.) Ernst Johann Grafen von Biron auf sein
allerunterthänigstes Bitten aus besonderen Allerhöchsten Gnaden und
in Beytrettung seiner bey Uns und Unßerem Ertzhauß erworbenen
stattlichen Verdiensten in seiner erkauften Standesherrschaft
Wartenberg auf dem Schloß ihm eine Capelle zum freyen
Religions-Exercitio auf die Arth und Weise wie es darüber durch Unßere
König. Böhm. Hoff-Cantzley an ihne untereinstens ausgefertigte und in
Copia heranliegende Diploma ausweißet, zu erbauen erlaubet haben,
alß wird euch solches zur Nachricht und zu dem Ende bedeuthet, damit
ihr wie Unßer gnädigster Befehl hiemit ist, nicht nur einestheils auf
die Uns als Allerhöchstem Landesfürsten zukommende Jura genaue und
fleißige Achthabet, mithin denenselben kein Schaden oder Nachteil
zuwachsen laßet, sondern auch anderntheils ihme Grafen von Biron, seine
Leibeserben und Nachkommen, womit sie all dasjenige, so Wir ihnen
diesfalls aus Allerhöchster Kayserlicher Gnad verleyhen, in Ruhe und
Sicherheit genießen mögen, kräftig schützet, folglich auch nicht
gestattet, daß darwider es sey von welt- oder geistlichen etwas
gehandelt oder vörgenohmen werde. Hieran p."
Das kaiserliche Diplom zur
Errichtung der lutherischen Schloßkapelle enthielt folgende
Bestimmungen:
1. | Dem Standesherrn und seinem Hause sowohl für ihre
Personen wie für alle Bediente ist die Uebung der Augsburger Konfession
in der auf seine Kosten zu erbauenden Schloßkapelle für immerwährende Zeiten
gestattet;
|
2. | Dem Adel
der Standesherrschaft ist der Besuch des Gottesdienstes und der Empfang
der Sakramente in dieser Kapelle erlaubt,
|
3. | Die gleiche Vergünstigung
genießen die evangelischen Einwohner der Stadt und der Vorstädte;
|
4. | Dem
evangelischen Geistlichen ist die Vollziehung aller kirchlichen Akte in
Stadt und Vorstädten gestattet, doch darf dadurch dem katholischen
Pfarrer kein Eintrag an seinen Gebühren entstehen, wie letzterer auch
auf Begehren protestantische Kranke zu besuchen befugt sein soll. Die
Berufung des Predigers erfolgt durch den Standesherrn, die Bestätigung
durch die Kaiserlichen Behörden, das geistliche Amt untersteht dem
Konsistorium zu Brieg;
|
5. | Den Bewohnern des platten Landes ist der Besuch
der Schloßkapelle nicht erlaubt, auch darf der Prediger bei ihnen keine
geistlichen Handlungen verrichten;
|
6. | Für die Evangelischen der Stadt und
Vorstädte darf außerhalb der Stadt ein Friedhof errichtet werden;
|
7. | Die
Kinder dürfen in der Schloßkapelle zur Kinderlehre versammelt werden;
|
8. | Es
darf in der Stadt eine protestantische Schule errichtet werden; zu
Begräbnissen dürfen die protestantischen Kinder nicht mitgeführt werden;
|
9. | Es wird erwartet, daß dieses Privileg zu keiner Beschwerung oder
Bedrückung der Katholiken mißbraucht wird.
|
Brachte dieses Privileg den
Protestanten auch nicht die volle Freiheit religiöser Bewegung, so
schaffte es ihnen doch eine große Erleichterung. Die in Artikel 9
ausgesprochene Erwartung erfüllte sich nicht immer. Mancher unbesonnene
Eiferer meinte, daß nun die Zeit gekommen sei, wo man an den Katholiken
sein Mütchen kühlen könne. Insbesondere war es der Landeshauptmann von
Dresky, der da glaubte, bei jeder sich darbietenden Gelegenheit die
Katholiken kränken zu dürfen. Als infolge erlittener Unbilden die schon
kleinmütig gewordenen Katholiken (1738) an den Gerechtigkeitssinn des
Herzogs Ernst Johann Biron nach Petersburg appellierten, mußte
von Dresky sichs gefallen lassen, in seine Schranken verwiesen und
bedeutet zu werden, sich nichts anzumaßen, was dem wahren und klaren
Inhalt des Kaiserlichen Konzessionsinstruments zuwiderlaufe.
Bei der
Besitzergreifung Schlesiens durch Friedrich den Großen waren den
Katholiken die bisherigen religiösen Verhältnisse gewährleistet worden.
Die Protestanten erhielten, wie zu erwarten war, größere Freiheiten und
Rechte. In der Standesherrschaft Wartenberg, welche durch Birons und
Münnichs Fall herrenlos geworden und deshalb in königliche Sequestration
genommen war, erfuhren die kirchlichen Verhältnisse insofern eine neue
Gestalt, als die protestantische Gemeinde Wartenberg sich wesentlich
erweiterte, indem die bis dahin von ihr ausgeschlossenen Landgemeinden
sich ihr nun ungehindert angliedern durften. (Graf Reichenbach erhielt
die Erlaubnis, in Goschütz eine evangelische Schloßkirche zu erbauen.)
Besonderer Vergünstigungen erfreuten sich die Reformierten, in deren
Bekenntnisse der König erzogen worden war. Schon unter der Regierung der
preußischen Dohnas gab es in der Stadt Wartenberg unter den Bürgern eine
Anzahl Reformierter, die wohl in irgend einem Abhängigkeitsverhältnis
zur Herrschaft standen. Unterstützt durch verschiedene an der Grenze
angesessene, ebenfalls dem reformierten Bekenntnis zugetane polnische
Adlige, wie von Bar, von Bilski, von Bronikowski, von Chlebowski, von
Kosiecki, von Lipnicki, von Pretwicz, von Trepka, von Twardowski,
glückte es ihnen bald nach der Sequestration der Standesherrschaft, sich
zu einer reformierten Gemeinde zusammenzuschließen und vorläufig
Gewährung des Simultaneums in der lutherischen Schloßkapelle zu erlangen
dergestalt, daß Lutheraner und Reformierte laut königlicher Konzession
vom 11. Dezember 1742 "einer um den andern" darin Gottesdienst halten
konnten. Auch ein reformierter Prediger, Majerski aus Sieklin, wurde
angenommen. Diese Zustände, welche die lutherische Gemeinde sich
gefallen lassen mußte, sind für sie sehr unbequem und lästig gewesen. Da
jedoch die reformierte Gemeinde nur klein war, ihr anfänglicher Eifer
auch erkaltete, der geplante Bau eines eigenen Bethauses und einer
Schule, wofür bereits zwei Brandstellen (auf dem Grundstück des
späteren Gasthofs zum "Eisernen Kreuz") durch den Trepka erkauft waren,
nicht zustande kam, die Sache überhaupt nicht recht gelingen mochte,
schlief dieselbe nach der bald erfolgten Etablierung der
Hussitengemeinde Groß- und Klein-Friedrichs-Tabor mit Tschermin hier in
Wartenberg völlig ein. Eine andere Hussitengemeinde, welche sich in der
Herrschaft Goschütz gebildet hatte und ihren Gottesdienst auf dem
Schlosse zu Sakrau hielt, löste sich, als der beabsichtigte Bau einer
Kirche nicht zur Ausführung kam, auf.
König Friedrich II., der gegen jede
Religion gleichgültig war und den Grundsatz hatte, daß in seinem Staate
ein jeder nach seiner eigenen Fasson selig werden könne, wollte jeden
Religionszwang aufgehoben wissen. Noch während des siebenjährigen
Krieges (11. Januar 1758) hob er den Nexus prochialis auf und sprach die
protestantischen Untertanen von Entrichtung des Dezems und aller andern
Gebühren an katholische Geistliche frei. Die Protestanten erlangten
dadurch ihre volle Unabhängigkeit von den katholischen Pfarrern, wogegen
letztere da, wo die Protestanten die Mehrzahl der Gemeinde bildeten,
eine empfindliche Einbuße am Einkommen erlitten. Eine Folge davon war
die Zusammenlegung mehrerer katholischer Parochien unter einen
gemeinschaftlichen Pfarrer.
In dieselbe Zeit fällt für die katholischen
Pfarrer standesherrlichen Patronats (Wartenberg, Bralin, Trembatschau,
Türkwitz und Mangschütz) der Verlust des Jus lignandi, einer
althergebrachten Berechtigung zur freien Entnahme des benötigten
Brennholzes aus den herrschaftlichen Forsten, welche Berechtigung ihnen
schon 1733 streitig gemacht, 1755 völlig entzogen wurde, weil sie durch
Urkunden nicht mehr zu erweisen war.
Das Beispiel religiöser
Gleichgültigkeit aus friedrizianischer Zeit konnte nicht günstig wirken.
Es führte vielfach zu religiöser Verschwommenheit und zur Kälte gegen
die Glaubenswahrheiten. Die Folgen davon machten sich noch weit ins 19.
Jahrhundert hinein auch in unsere Gegend bemerkbar. Durch auffallend
zahlreiche Mischehen kam besonders die katholische Kirche in
Mitleidenschaft. Der im Anfange der vierziger Jahre auftretende
Kongeanismus, dieser verwässerte sogenannte "Deutschkatholizismus",
welcher auch hier vereinzelte Anhänger hatte, fand indes keinen
gedeihlichen Boden. Man sprach viel von Aufklärung und Toleranz, hatte
jedoch davon meist schiefe Begriffe. Nicht Verwischen und Vertuschen der
Gegensätze, sondern gegenseitige Duldung und Achtung namentlich auf
religiösem Gebiete - das ist wahre Toleranz.
Gott sei Dank, daß die Zeiten andere geworden sind! Als
gleichberechtigte Kinder unseres Vaterlandes dürfen wir alle für unsere
Ueberzeugung Achtung fordern. Leider wird aber auch heut noch oft genug
in diesem Punkte gesündigt. Nicht ohne Gottes Zulassung ist es
geschehen, daß die Anhänger verschiedener Bekenntnisse
nebeneinander wohnen. Sie müssen sich deshalb vertragen können. Und das
geschieht dann, wenn - selbstredend bei strenger Wahrung religiöser
Ueberzeugung - alles vermieden wird, was Andersgläubigen hart oder
kränkend sein könnte; wenn namentlich alles vermieden wird, was die
Wunde vergiftet, die beinahe seit 4 Jahrhunderten durch das Herz der
Christenheit klafft, damit der traurige Spalt in unserm lieben
deutschen Vaterlande nicht noch mehr ausgeweitet und das weltversöhnende
Kreuz nicht zum Zeichen des Kampfes werde; wenn jeder einzelne und alle
insgesamt sich bemühen, fest und hoch zu halten, was uns eint.
Wir möchten am Schluß dieses Abschnitts, in welchem wir schweren
Herzens, doch wahrheitsgetreu das stellenweis recht düstere Bild der
religiösen Verhältnisse unserer Heimat entrollen mußten, den treffenden
und sehr beherzigenswerten Worten ein Plätzchen geben, die wir in
Walters berühmten Werke "Naturrecht und Politik" Seite 491 über das
Verhältnis der Angehörigen verschiedener Konfessionen untereinander in
paritätischen Staaten gefunden haben:
..."Jede kirchliche Gemeinschaft,
welche sich dasselbe (d.h. das Heil der ganzen Menschheit)
zugrundegelegt, hält sich daher für die allein wahre und die abweichende
Auffassung der andern Bekenntnisse für mehr oder weniger irrig. Sie muß
daher die Pflicht empfinden, dieselben zu bekämpfen und zu widerlegen
und dadurch die wahre Lehre zur Geltung zu bringen. Dieser Kampf bewegt
sich seiner Natur nach bloß auf dem Gebiete der Wahrheit und
Wissenschaft, er ist ein Kampf von Lehre gegen Lehre, der Wahrheit gegen
Irrtum, nicht gegen den einzelnen Irrenden. Er muß daher nur mit den
Waffen der Wissenschaft, mit Würde und Ruhe geführt, und jede
Einmischung persönlicher Erbitterung und Gehässigkeit gemieden werden.
Was aber das Verhältnis der einzelnen Bekenner verschiedenen Glaubens
zueinander betrifft, so ist zu unterscheiden. Hinsichtlich der
Religionsübung muß sich jeder treu an sein Bekenntnis halten (d.h. an
das von ihm schuldlos als wahr gehaltene), und er darf ohne
Pflichtverletzung gegen seine Kirche an den religiösen Handlungen des
andern in dem Sinne nicht teilnehmen, wie dieser als Mitglied seiner
Kirche es tut. Er muß jedoch die religiöse Ueberzeugung des andern in
der Art achten, daß er keine Geringschätzung an den Tag lege, oder durch
sein Benehmen Anstoß errege. In dem bürgerlichen Leben aber müssen gegen
jeden, ohne Unterschied des Bekenntnisses, die Pflichten der
Nächstenliebe geübt und dieses von der Kirche ihren Mitgliedern auch als
eine religiöse Verpflichtung eingeschärft werden. Es können sich daher
auch die Mitglieder aller Bekenntnisse zu Unternehmungen der
Mildtätigkeit wetteifernd die Hände reichen. So sind durch das
Christentum die Wege gezeigt, mit der treuesten Anhänglichkeit an das
eigene Bekenntnis, gegen Andersgläubige die Toleranz und Humanität zu
verbinden, welche die Perle der echten Religiosität ist."
Bevor wir nun
zur speziellen Betrachtung der heimatlichen Religionsverhältnisse
übergehen, erübrigt noch, einiges über die kirchlichen
Verwaltungsbezirke zu bemerken. Letzere haben sich im Lauf der Zeiten
wiederholt geändert. Bis zur Glaubensspaltung des 16. Jahrhunderts
bildete das Wartenberger Weichbild bezw. die Standesherrschaft Wartenberg
in kirchlicher Beziehung, wie schon bekannt, das Archipresbyterat
Wartenberg. Nach Einführung der Reformation wurde daraus ein
Superintendentur bezw. Konsistorialbezirk. Als die Gegenreformation
einsetzte und infolge des westfälischen Friedensschlusses finden wir das
Archipresbyterat Wartenberg wiederhergestellt; nur das von jeher zum
Fürstentum Oels gehörige Festenberg und ebenso die 1598 dazu erkaufte
Herrschaft Medzibor mit ihren protestantisch gebliebenen Pfarrkirchen
standen weiter noch unter dem Oelser Konsistonum. Die Herrschaft
Goschütz, seit 1657 aus der Verbindung mit Wartenberg entlassen, ward
in kirchlicher Beziehung samt dem Tscheschener Halt dem Archipresbyterat
Zirknitz, später dem Militscher Archipresbyterat zugeteilt.
Das
geistliche Amt der 1736 errichteten lutherischen Schloßkapelle zu
Wartenberg war dem Brieger Konsistorium unterstellt. Nachdem Schlesien
preußisch geworden, kamen die protestantischen Parochien Wartenberg und
Goschütz zunächst unter die Breslauer Landkreisinspektion. Infolge der
1818 geschehenen Umgestaltung des landrätlichen Kreises wurden 1820 die
evangelischen Parochien Festenberg und Medzibor der Wirschkowitzer
Superintendentur zugewiesen. 1825 bildete man aus den evangelischen
Parochien der landrätlichen Kreise Namslau und Wartenberg den neuen
Superintendenturbezirk Namslau-Wartenberg, bis endlich durch Verfügung
des Königlichen Konsistoriums für die Provinz Schlesien vom 22.
September 1871, nachdem der Evangelische Oberkirchenrat im
Einverständnis mit dem Minister der geistlichen etc. Angelegenheiten
hierzu die Genehmigung erteilt hatten, der bisherige Diözesanverband
aufgelöst und aus den evangelischen Parochien des Wartenberger Kreises
die selbständige Diözese Wartenberg gebildet wurde, welche mit dem 1.
November 1871 als solche ins Leben trat. Die einstweilige Verwaltung
derselben war unterm 15. Oktober 1871 dem Pastor Appenroth-Medzibor
übertragen worden; seine endgültige Ernennung zum Superintendenten
erfolgte am 13. Januar 1873.
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